Nicht nur praktisch, sondern viel wert

Praxisnahe Tipps für die Materialbeschaffung

Nach langem Studium und ersten praktischen Erfahrungen als angestellter Behandler wagen viele jungen Zahnmediziner den Schritt in die berufliche Eigenständigkeit. Egal, ob Praxisneugründung oder Praxisübernahme: Die zukünftigen Selbstständigen müssen viele unterschiedliche Dinge im Kopf behalten. Zu den notwendigen Hard- und Softskills zählen fachliches Wissen, ebenso wie Markt- und Menschenkenntnis. Aber auch betriebswirtschaftliches Know-how ist für das Gründen und das Führen einer Praxis gefragt. Die medizinische Ausbildung an den Universitäten hat zwar ein hohes Niveau – praxisbezogene Betriebswirtschaft kommt im Laufe des Studiums und während der Assistenzzeit allerdings zu kurz.

Zu unrecht vernachlässigt: Materialkauf und Lagerverwaltung

Zu den oft vernachlässigten Themen gehört unter anderem die Materialbeschaffung. Dieses Thema ist zu Unrecht unterschätzt und längst nicht so trivial, wie es scheint. Denn: ohne ausreichend Behandlungsmaterialien keine Behandlung. Es müssen also die benötigten Produkte für die gesamte Praxis immer ausreichend vorrätig sein. Zudem macht sich eine sorgfältige Handhabung auch auf dem Konto bemerkbar. Durch einen optimierten Bestell- und Lagerhaltungsprozess lassen sich ohne weiteres Kosten im vierstelligen Bereich[1] pro Jahr einsparen bzw. der Gewinn der Praxis erhöhen. Dagegen bindet ein zu volles Lager benötigtes Kapital, gleichzeitig steigt die Gefahr, dass wegen überschrittenem Haltbarkeitsdatum Werte vernichtet werden.

Ein Ziel, mehrere Wege und viele Stolpersteine

Was die Materialbeschaffung, aber auch das Verwalten der Produkte betrifft, gibt es in nahezu jeder Zahnarztpraxis ganz unterschiedliche Vorgehensweisen. Das Ziel ist jedoch bei allen dasselbe: bei möglichst geringem administrativen Aufwand das richtige Material genau zum richtigen Zeitpunkt zur Hand zu haben. Einige Zahnarztpraxen versuchen beispielsweise durch sehr große Lagerbestände fehlenden Materialien entgegenzuwirken. Wiederum andere verlassen sich auf IT-gestützte Bestandsverwaltung oder behelfen sich mit klassischen Bestellbüchern und Karteisystemen. Ganz gleich welche Methode angewandt wird, ist immer etwas Vorsicht geboten. Nicht selten scheitert jedes noch so gut durchdachte System am „Faktor Mensch“. Das fängt bereits beim Vergessen der Lagerentnahmebuchung an, geht weiter bei unvollständig geführten Materiallisten oder wenn Materialien an verschiedenen Orten gelagert werden. Pannen passieren in der Hektik des Praxisalltags schneller als gedacht. Daher ist das Fehlerpotenzial bei nachlässiger Materialverwaltung vergleichsweise hoch.

Gut organisiert ist halb gewonnen

Beachtet man jedoch einige Dinge, lassen sich ohne großen Aufwand viele Stolpersteine umgehen. Um die typischen Fehlerquellen zu vermeiden, sollte eine Methode etabliert werden, welche zum einen die „analogen“ Arbeitsschritte der Praxismitarbeiter möglichst reduziert und zum andern die Wege des Materials in den Praxisräumen verkürzt. Grundsätzlich ist ein übersichtlich organisiertes Lager die Grundlage und erleichtert alle anderen Schritte. Im besten Fall hat jeder Artikel seinen festen Platz im Lager. So ist auf einen Blick ersichtlich, wie groß der jeweilige Bestand ist. Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann sich mit Artikellisten behelfen, die an jedem Lagerort direkt beim Material platziert werden. Geht ein Artikel zur Neige, kann dies für die spätere Materialbeschaffung an Ort und Stelle festgehalten werden. Kleiner Tipp: Selbstklebende Pfeile als Markierung auf den benötigten Produkten sind um einiges auffälliger, als eine schwer zu entziffernde handschriftliche Notiz im Bestellbuch.

Einfaches Prinzip mit großer Wirkung

Ebenso hilfreich wie einfach ist eine Kennzeichnung des Nachbestellbestands. Das kann ein einfacher Strich auf dem Regalboden sein, eine Karte aus Papier oder Pappe, die zwischen die Packungen gesteckt wird oder ein unter der Ware angebrachtes Etikett. Sobald die Markierung sichtbar wird, ist das der Hinweis, dass der Artikel nachbestellt werden muss. Im Falle der angeklebten Etiketten ergibt sich ein zusätzlicher Nebeneffekt: Die benötigten Produkte lassen sich zur Bestellvorbereitung direkt im Lager mit einem mobilen Scanner erfassen. In aller Regel lässt sich jeder dieser Kniffe ohne weiteres in die Arbeitsabläufe der neuen Praxis integrieren. Einmal gesetzt, erleichtern sie viele Schritte und vermeiden Flüchtigkeitsfehler bei der Materialbeschaffung.

Große Übersicht und mehr Transparenz durch Vergleichsportale

Eine solide Übersicht über Produkte, Angebote und Hersteller bieten Vergleichsportale im Internet. Meist lassen sich hier auch die Preise von den jeweiligen Händlern gegenüberstellen und so das günstige bzw. beste Angebot erzielen. War man früher noch auf das Depot angewiesen, ermöglichen Bestellplattformen jetzt viel mehr Flexibilität und helfen zudem, Kosten zu sparen und den gesamten Nachbestellprozess zu beschleunigen. Einige der Online-Portale haben hierfür zusätzliche Funktionen im Portfolio. Beispielsweise können die in den meisten Praxen vorhandenen Etikettendrucker angesteuert werden, um Barcode-Etiketten für die gekauften Materialien zu erzeugen. Diese werden anschließend im Regal angebracht und die Artikel bei Bedarf per Handy mit einer App erfasst. Dadurch landen die zu bestellenden Produkte automatisch auf dem persönlichen Merkzettel, die dann ganz bequem am PC auf die Wunschlieferanten verteilt werden können. Dank Cloud-Technik wird das Fehlerrisiko nicht nur minimiert, sondern der Prozess um einiges einfacher.

Jeder, wie er möchte: kein Patentrezept, aber bewährte Orientierungshilfen

Eine pauschale Antwort über die eine richtige Methode lässt sich leider kaum formulieren. Wer sich bereits während der Assistenzarztzeit mit administrativen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen auseinandergesetzt hat, findet womöglich etwas schneller einen Weg, der für die eigene Praxis passt. Für alle anderen heißt es – zumindest zu Beginn: Probieren geht über Studieren. Es gibt jedoch einige Orientierungspunkte, die dabei helfen, einen effektiven Workflow bei der Materialbeschaffung und -verwaltung zu etablieren. Das beginnt allem voran mit dem Festlegen des Mindestbestands der Produkte im Lager. Dabei spiele mehrere Komponente, wie Materialverbrauch, Lagerzeit, Lagerkapazität, Bestelldauer und Reserve eine Rolle. Um den Materialfluss übersichtlich zu organisieren hilft die Kombination aus moderner Technik, Struktur und eine Portion Sorgfalt des gesamten Teams.

 

[1] Beispielrechnung: Einkaufspreisvorteil ca. 20 Prozent gegenüber den rabattierten Preisen der klassischen Depots zzgl. bewertete Zeitersparnis für die Materialverwaltung in etwa gleicher Größenordnung: Materialeinsatz pro Behandler und Monat: 1.000 Euro, davon 20 Prozent = 200 Euro. Zuzüglich Einsparung bei der Materialverwaltung ebenfalls 200 Euro pro Monat. Summe: 400 Euro x 12 Monate = 4.800 Euro p.a.


Boris Cords
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